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Wien ist Zentrum des globalen Widerstands gegen Gas

Ein gerechtes Energiesystem muss ein demokratisches Energiesystem sein / Demonstration am 27. März

Hunderte Klimaaktivist*innen aus der ganzen Welt machen Wien derzeit zum Zentrum des globalen Widerstands gegen Gas. Mit ihren angekündigten Protesten konnten sie das große Lobbytreffen der Gaskonzerne, die von 26. bis 28. März in Wien geplante Europäische Gaskonferenz, erfolgreich verhindern. „Die Gaslobby beeinflusst seit Jahrzehnten die europäische Energiepolitik und verhindert den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen – nur um die Profite für einige Wenige zu erhöhen. Wir werden uns weiter dagegen stellen, dass fossile Konzerne unsere Zukunft verbrennen“, erklärt Amina Guggenbichler, Sprecherin des BlockGas-Bündnisses. 

Auf ihrem Gegengipfel, dem „People’s Summit“, vernetzte und stärkte die globale Bewegung für Klimagerechtigkeit von 22. bis 24. März ihre lokalen Kämpfe. Der Gipfel zeigte, dass die Forderungen nach globaler Gerechtigkeit und dem sozial und ökologisch gerechten Umbau der Energieversorgung Menschen auf der ganzen Welt einen.

Fossile Brennstoffe halten Putin seit 24 Jahren an der Macht und finanzieren seinen Krieg

Viele der nach Wien gereisten Klimaaktivist*innen kämpfen gegen neue Gasprojekte, von deren verheerenden Auswirkungen sie direkt betroffen sind:

Eine von ihnen ist Lölja Nordic, Klimaaktivistin und Mitbegründerin des feministischen Antikriegs-Widerstands in Russland: "Als Aktivist*innen sehen wir seit 24 Jahren, wie es fossile Brennstoffe Putin ermöglichen, seine autokratische Macht auszubauen und die Menschen zu unterdrücken. Bis heute fließen die Gelder aus Europa weiter in Putins Taschen, finanzieren die russische Kriegsmaschinerie und zerstören Menschenleben." Laut seiner Propaganda will Putin den westlichen Imperialismus bekämpfen, obwohl er selbst imperialistische Gewalt ausübt. "Wir sind hier, um Allianzen für gemeinsamen Widerstand zu bilden. Wir fordern ein Energiesystem, dass das Klima schützt und den Menschen dient anstatt Profite für Gaskonzerne und imperiale Kriege für Diktatoren zu ermöglichen“, sagt Nordic.

Afrika am Scheideweg zwischen Erneuerbaren und Ausbeutung

"Die Annahme, mehr Erdgasförderung könne in Afrika für langfristigen wirtschaftlichen Wohlstand sorgen, ist irreführend und gefährlich", erklärt Dean Bhebhe, Aktivist der Don't Gas Africa-Kampagne. Neue Gasprojekte stellen weder lokalen Zugang zu Energie sicher, noch tragen sie zur Energiewende bei. Sie führen den Kontinent noch tiefer in einen Klimanotstand. "Die Folgen dieses Kreislaufs von Kolonialismus, Profitmaximierung und Ausbeutung bezahlt die afrikanische Bevölkerung. Auch nach der Verschiebung der Europäischen Gaskonferenz müssen wir uns weiter dafür einsetzen, dass fossiles Gas keinen Platz in unserem Energiesystem hat."

OMV gefährdet in Rumänien das Klima und die Artenvielfalt

Im rumänischen Schwarzen Meer wiederum will die österreichische OMV mit "Neptun Deep" ein Tiefsee-Erdgasfeld erschließen. Der rumänische Aktivist für Klimagerechtigkeit, Marian Ignat erklärt: „Neptun Deep gefährdet nicht nur die Klimaziele und belastet die Atmosphäre mit Millionen von Tonnen Treibhausgasen. Das Projekt bedroht auch die Artenvielfalt, insbesondere Delfine. Zudem ist bekannt, dass die OMV ihre Infrastruktur in der Vergangenheit schlecht gewartet hat. Statt Neptun Deep und einer in Tuzla geplanten Pipeline durch ein Natura2000-Gebiet benötigen wir dringend den Ausbau Erneuerbarer.“

Flüssiggas-Verträge der OMV gefährden Menschenrechte und Gesundheit in den USA

Chloe Torres, Aktivist*in der Texas Campaign for the Environment kritisiert den Vertrag, den die OMV mit dem US-Konzern Cheniere über neue Flüssiggaslieferungen (LNG) aus den USA abgeschlossen hat. "Es ist eine grausame Ironie, dass die Mitorganisatorin OMV die Gaskonferenz unter dem Vorwand abgesagt hat, dass Proteste das Wohlergehen der Teilnehmer*innen gefährden würden - während die OMV gleichzeitig davon profitiert, dass Mensch und Natur in meiner Gemeinde und in ganz Texas gefährdet werden. Wir werden weiter gegen die Menschenrechtsverletzungen und Gesundheitsgefährdung protestieren, die von Cheniere, den Vertragspartnern OMV, RWE oder Snam sowie den Finanziers wie ING und BlackRock verursacht werden."

Kanada begeht Menschenrechtsverletzungen für Pipeline-Bau

Kanada sitzt mit seinen enormen Mengen an Flüssiggas auf der sechstgrößten Kohlenstoffbombe der Welt. Um auf dem globalen LNG-Markt eine bedeutende Rolle zu spielen, begeht Kanada für den Bau der neuen Coastal GasLink Pipeline Menschenrechtsverletzungen. "Europa und der Rest der Welt müssen die Wahrheit über die Gewalt und die Ungerechtigkeiten im Zusammenhang mit der LNG-Expansion Kanadas erfahren. Das ist es, was wir bekämpfen; das ist die Wahrheit", erklärt Na’Moks, Chief der Wetʼsuwetʼen, durch deren Gebiet die Coastal GasLink Pipeline führen soll.

Torpediert ein australischer Konzern Österreichs Klimaziele?

In Österreich bohrt mit ADX VIE die Tochterfirma eines australischen Konzerns im heißesten Jahr seit Messbeginn nach neuem Gas. Bernhard Schön von der Bürger*inneninitiative Pro Natur Steyrtal: "Jeder weiß, dass wir den Ausstoß von CO2 reduzieren müssen. Niemand muss studiert haben, um zu verstehen, dass uns neue Gasfelder diesem Ziel nicht näherbringen. Es ist verrückt, trotz überwältigendem wissenschaftlichen Konsens und jahrzehntelangem Naturschutz direkt am Eingang des Nationalparks Kalkalpen Gas zu fördern. In Molln entscheidet sich die Frage, ob ein australischer Konzern aus Profitinteresse die österreichischen Klimaziele torpedieren kann.“

Demokratisierung des Energiesystems

Die Klimaerhitzung und die Ökosysteme überschreiten Kipppunkte, Energiearmut und Konflikte um Ressourcen nehmen zu. Die Lobby der Gasindustrie treibt all diese Entwicklungen weiter voran, während sie Rekordgewinne verbucht. "Wir brauchen daher die demokratische Kontrolle über die großen Energiekonzerne, einen Plan für einen gerechten Umstieg auf Erneuerbare sowie für die Reduktion des Energieverbrauchs - unabhängig von Profit- und Lobbyinteressen. Ein gerechtes Energiesystem muss ein demokratisches Energiesystem sein – ökologisch, sozial und sicher", fordert Max Hollweg von Attac Österreich und Mitinitiator des People´s Summit

Fotos von der Pressekonferenz