Amazons Welt: Steuertricks, Ausbeutung, Klimazerstörung

Wir zahlen einen hohen Preis

Amazon steht für eine Welt der Steuertricks, der Ausbeutung von Mitarbeiter*innen und der Schwächung von Gewerkschaften. Amazon schaltet den Wettbewerb aus und zerstört dabei den lokalen Handel und lokale Arbeitsplätze. Und Amazon steht für eine Welt der Klimazerstörung, des Überkonsums sowie der Überwachung von Konsument*innen.

Der Konzern von Jeff Bezos, dem reichsten Mensch der Welt, ist ein Paradebeispiel dafür, wie verheerend sich die wachsende Macht großer multinationaler Konzerne auf unsere Gesellschaft auswirkt. Der Konzern dringt in immer mehr Lebensbereiche vor –sogar in den Gesundheitssektor.1

Von der aktuellen Krise profitiert ein zerstörerischer Konzern wie Amazon am stärksten:

Der Umsatz von Amazon ist im 1. Quartal 2020 um 22% gestiegen und beträgt rund 10.000 Dollar pro SEKUNDE. Der Aktienkurs von Amazon stieg um 42%. Jeff Bezos besitzt damit nun 40 Milliarden Dollar MEHR als der zweitreichste Mensch der Welt, Bill Gates.

Sieben Forderungen um die Macht von Amazon zu brechen

Auch beim Online-Kauf gibt es Alternativen. Die findet ihr zum Beispiel auf der Seite von Nunu Kaller:

Alternativen zu Amazon

Amazons Welt: Steuertricks, Steuergeschenke und öffentliche Subventionen

Durch Gewinnverschiebungen in Steuersümpfe gelingt es Amazon die Allgemeinheit um Milliarden zu prellen – und dies zum Teil mit aktiver Unterstützung von Regierungen. In Luxemburg wurde Amazon bei seinen Steuertricks vom damaligen Premierminister Jean Claude Juncker höchstpersönlich unterstützt. Der ehemalige Finanzchef von Amazon erklärte 2014 in einem Interview: „Wir haben uns auch ein- oder zweimal mit dem Premierminister (Juncker, Anm.) getroffen. Seine Botschaft war: »Wenn du ein Problem hast, von dem du denkst, dass du es nicht lösen kannst, komm zu mir zurück. Ich werde versuchen, dir zu helfen«.“2

So gelang es nahezu drei Viertel der Gewinne in Europa nicht zu besteuern. 2016 hat Amazon in Europa 21,6 Milliarden Euro Umsatz erzielt, dennoch wies Amazon Luxemburg nur einen Gewinn von 59,6 Millionen Euro aus und bezahlte darauf 16,5 Millionen Euro Steuern, was einem Wert von 0,07 Prozent des Umsatzes entspricht.3 In Summe hat Amazon in Luxemburg von 2007 bis 2016 – mit Ausnahme des Jahres 2009, für das keine Finanzdaten zur Verfügung standen – insgesamt einen Umsatz von rund 111 Milliarden Euro und einen Gewinn von rund 475 Millionen Euro erwirtschaftet. In diesem Zeitraum verbuchte Amazon insgesamt eine Steuergutschrift in der Höhe von 15 Millionen Euro. Amazon hat also keinen einzigen Cent an Steuern bezahlt, im Gegenteil: Die Firma erhielt 15 Millionen Euro, obwohl sie hochprofitabel war.4

Die EU-Kommission entschied 2017, dass Amazon 250 Millionen Dollar an Luxemburg zurückzahlen muss, die zwischen 2006 und 2014 auf EU-Ebene durch illegale Steuermodelle erzielt wurden.

Luxemburg legte Anfang 2018 Einspruch gegen die Entscheidung ein; wann dieser vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt wird, ist noch ungewiss.

In Großbritannien meldete Amazon 2018 einen Umsatz von 10,9 Milliarden Pfund, machte jedoch nur 75,4 Millionen Pfund Gewinn und zahlte nur 14 Millionen Pfund an Körperschaftsteuer. Verglichen mit dem Umsatz und Gewinnverhältnis des gesamten Konzerns müsste Amazon in Großbritannien jedoch nach Schätzungen rund 100 Millionen Pfund an Körperschaftsteuer zahlen.5 Laut einer Studie von 2017 werden britische Buchhandlungen 11-mal mehr auf ihren Umsatz besteuert als Amazon.6

In den USA hat Amazon im Jahr 2018 11,2 Milliarden Dollar Gewinn gemacht. Der Konzern nutzte jedoch Steuergutschriften und Steuerbefreiungen und erhielt so einen Steuerfreibetrag in Höhe von 129 Millionen Dollar. Dies entspricht einem Steuersatz von minus einem Prozent. Statt Steuerbeiträge zu zahlen erhielt Amazon also sogar noch Steuergeschenke. Im Zeitraum von 2009 bis 2018 machte Amazon in den USA rund 26,5 Milliarden Dollar Gewinn und zahlte darauf rund 791 Millionen Dollar Steuern, was einem Steuersatz von 3,0 Prozent entspricht.7

Trotz dieser Steuertricks locken in vielen Ländern Kommunen den Konzern mit Subventionen, dem Bau von Infrastruktur oder Förderungen. In den USA erhielt Amazon zwischen 2005 und 2014 mehr als 613 Millionen Dollar an Zuschüssen zur Finanzierung seiner Anlagen.

Im Oktober 2017 kündigte Amazon an ein zweites Hauptquartier zu eröffnen und forderte US-Städte auf, dem Konzern die Zugeständnisse wie Steuervorteile, Subventionen und andere Anreize für öffentliche Dienstleistungen, Lizenzen oder Lizenzermäßigungen zu übermitteln. Arlington (Virginia) bot 550 Millionen Dollar in bar und einen Hubschrauberlandeplatz an. Atlanta (Georgia) hatte sich eine exklusive Airport Lounge mit kostenlosen Parkplätzen für Amazon Führungskräfte ausgedacht. Marylands Montgomery County lockte mit 6,5 Milliarden Dollar an Steueranreizen.8

Die Wahl fiel 2018 zunächst auf New York und North Virginia. New York wollte dabei Amazon Steuervergünstigungen von bis zu drei Milliarden Dollar bieten. Lokale Politiker*innen sowie Gewerkschaften machten jedoch gegen den Plan mobil. Sie kritisierten, dass Steuergeld an ein Unternehmen fließt, das Milliarden-Gewinne macht, während Investitionen in die Infrastruktur aufgeschoben werden. Amazon ließ daraufhin die Pläne in New York fallen. Das Vorhaben in North Virginia wird weiter vorangetrieben. 9

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Amazons Welt: Ausbeutung, Überwachung und Kampf gegen Gewerkschaften

Auch die Aushöhlung von Arbeitsrechten und Löhnen hat bei Amazon System. In zahlreichen Ländern sind exzessive Arbeitszeiten und fehlende Pausen, niedrigere Löhne, Missbrauch von Leiharbeit, befristete Arbeitsverträge und Entlassungen am Ende der Probezeit dokumentiert. Mitarbeiter*innen werden systematisch zur „Optimierung“ ihrer Arbeitsleistung  überwacht und berichten häufig von unerfüllbaren Aufträgen. Der Scanner, der als Arbeitsgerät benützt wird, registriert exakt die Arbeitsleistung der einzelnen Mitarbeiter*innen. Dadurch bleiben auch der Toilettengang außerhalb der Pausenzeiten, der kollegiale Plausch mit Kolleg*innen oder eine kurze Verschnaufpause nicht unbemerkt.10 Kristi Shrum, die bis 2018 in einem Amazon-Lagerhaus in Südkalifornien arbeitete, sagte, dass sie manchmal Freundegebeten hätte die Artikel für sie zu scannen, während sie zur Toilette ging – um es aussehen zu lassen, als ob sie arbeitete.11

Im Juni 2019 wurde bekannt, dass im österreichischen Verteilzentrum in Großebersdorf (errichtet 2018) nur 16 der 150 Beschäftigten direkt bei Amazon angestellt waren – alle anderen waren Leiharbeiter*innen. Diese können sich schwer gewerkschaftlich organisieren und ihre Rechte durchsetzen. Ein Leiharbeiter in Großebersdorf berichtete von menschenunwürdigem Umgang, ständiger Überwachung, erniedrigenden Vorschriften und ständig steigendem Arbeitspensum.12 Mitarbeiter*innen mussten zur Strafe bei Fehlverhalten (etwa unsicheres Schuhwerk, falsche Bekleidung, als zu gering bewertete Arbeitsleistung, etc.) in mühevoller Arbeit zusätzlich zu ihren eigentlichen Aufgaben jedes Paket unter Aufsicht einzeln scannen, obwohl es die Möglichkeit einer gruppierten Scannung gibt. Amazon verlangt außerdem, dass die Mitarbeiter*innen während der Arbeitszeit keine persönlichen Gegenstände mit sich führen. Dazu zählen etwa auch Uhren, Gürtel, Handys oder sogar Kaugummi. Wer etwas dabei hat, steht unter Pauschalverdacht etwas aus einem Paket entwendet zu haben. Fahrer*innen müssen bis zu 300 Pakete täglich ausliefern. Derzeit plant Amazon in Österreich den Bau einen weiteren Verteilzentrums in Wien-Liesing.

Seit 2013 sind aufgrund der unmenschlichen und gefährlichen Arbeitsumstände in den Amazon-Standorten weltweit 13 Beschäftigte ums Leben gekommen, mehr als 600 wurden verletzt. Im US-Bundesstaat Pennsylvania beispielsweise musste Amazon während einer Hitzewelle stationäre Ambulanzen am Standort einrichten, um die dehydrierten Beschäftigten versorgen zu können. In sogenannten „Power hours“ müssen die Beschäftigten einen besonders hohen Arbeitsaufwand in kürzester Zeit bewältigen. Amazon-Mitarbeiter*innen in den USA würden in Flaschen urinieren, weil sie Angst davor hätten, auf die Toilette zu gehen.13

In Amazon-Verteilzentren in den USA  ist Rate an schweren Verletzungen bei Arbeiter*innen doppelt so hoch wie in anderen Lagern in den USA.14 Ursachen dafür sind der enorme Druck und die rasante Geschwindigkeit, mit der Pakete an die Kund*innen geliefert werden sollen. Amazon-Mitarbeiter*innen wurden trotz Verletzungen zur Arbeit geschickt, eine angemessene medizinische Versorgung wurde verweigert. Zudem soll Amazon Unfälle kleingeredet und vertuscht haben. Der Konzern kündigte Mitarbeiter, weil sie „nur“ 98 Prozent der vorgegebenen Rate an Produkte verarbeiten konnten.15

Gleichzeitig bekämpft der Konzern den Aufbau gewerkschaftlicher Strukturen mit allen Mitteln. Gewerkschaften werden als Verhandlungspartner im Sinne kollektiver Aushandlungsprozesse nicht anerkannt. Weltweit nehmen Streiks gegen Amazon zu. In Deutschland haben Amazon-Beschäftigte seit 2013 rund 300 Tage an elf Standorten gestreikt. Dennoch weigert sich Amazon weiterhin über einen Tarifvertrag auch nur zu verhandeln. Streikbedingte Lieferengpässe werden durch die polnischen Versandzentren kompensiert.16

„Der Kampf gegen Amazon richtet sich nicht bloß gegen ein einzelnes Unternehmen. Es ist ein Kampf um die Seele unserer Demokratie und die Zukunft unserer Wirtschaft.“

Christy Hoffman, Generalsekretärin von UNI Global Union, der internationalen Gewerkschaftsföderation für den Dienstleistungssektor

Amazons Welt: Zerstörung von Arbeitsplätzen und lokalem Handel

Amazon zerstört durch sein Steuer-, Lohn und Preisdumping den lokalen Handel und lokale Arbeitsplätze. Nach Schätzungen werden in den USA für jeden von Amazon geschaffenen Arbeitsplatz zwei Arbeitsplätze vernichtet.17 In Frankreich warf der ehemalige Staatssekretär für digitale Angelegenheiten, Mounir Mahjoubi, Amazon erst vor Kurzem vor, netto 7.900 Arbeitsplätze im Land vernichtet zu haben.18

Laut Berechnungen des österreichischen Handelsverbandes gehen durch den gesamten Onlinehandel jährlich 20.000 Jobs verloren – Tendenz steigend.19 Amazon allein macht in Österreich rund 23 Prozent des Umsatzes der führenden 250 Onlinehändler – noch nicht eingerechnet Provisionen für Waren, die von Drittanbietern via Amazon Marketplace verkauft werden.20

Auffallend ist auch, dass Amazon seine Lager in den USA, Deutschland und Frankreich vorwiegend in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit und niedrigem Lohnniveau errichtet hat. Dadurch kann der Konzern kurzfristig auf ein größeres Reservoir an billigen Arbeitskräften zurückgreifen, um die Verdoppelung des Arbeitskräftebedarfs vor Weihachten abzudecken.21 In den USA leben 57 Prozent der Amazon-Lagerarbeiter*innen infolge niedriger Löhne und Einkommen in überfüllten bzw. Substandard-Wohnungen. Zusätzlich gibt es unter ihnen eine signifikante Obdachlosigkeit.22

Amazons Welt: Ausschaltung des Wettbewerbs

Amazon nutzt seine Marktmacht, um den Wettbewerb zu beseitigen. Das Monopol Amazons führt dazu, dass es für Kleinhändler*innen kaum möglich ist Amazon als Verkaufsplattform zu umgehen.

58 Prozent des Waren-Umsatzes von Amazon stammt von Marketplace-Händler*innen. Amazon diktiert daher nicht nur die Bedingungen und Kosten für Lieferant*innen, sondern auch für Mitbewerber*innen. Für sie besteht das Risiko, dass ihre Produkte ─ wenn sie gut laufen ─ von Amazon quasi kopiert und selbst angeboten werden oder sie direkt von Amazon aufgekauft werden.

Die EU-Wettbewerbskommissarin prüft derzeit (Stand 2019) mögliche Kartellverstöße des US-Handelsriesen im Umgang mit Händler*innen. Amazon nutze „wettbewerbssensible Informationen“ der Drittanbieter und analysiere ihre Produkte und Transaktionen, um seine eigenen Verkaufstätigkeiten zu optimieren.

Nach Untersuchungen der österreichischen und deutschen Wettbewerbsbehörden änderte Amazon die Marketplace-Bedingungen. Doch lediglich dahingehend, dass Sperren von Händler*innen nun nicht mehr unmittelbar und grundlos, sondern unter Einhaltung einer Frist von 30 Tagen möglich sind.

Amazon ist aber viel mehr als der weltweit größte Einzelhändler. Der Konzern kontrolliert immer größere Bereiche der Wirtschaft. Amazon baut nicht nur die eigenen Zustellkapazitäten massiv aus, der Konzern verfügt mittlerweile über eine eigene Frachtfluggesellschaft (Amazon Air) und ist in die weltweite Containerschifffahrt eingestiegen. So setzt der Konzern Branchen, in denen es noch Gewerkschaften und faire Löhne gibt, immer stärker unter Druck. Wird Amazon nicht Einhalt geboten, wird der Mega-Konzern sein Ziel ─ die Handelsinfrastruktur des 21. Jahrhunderts völlig zu dominieren ─ erreichen.

Amazons Welt: Klimazerstörung und Konsum um jeden Preis

Transport, Datenspeicherung und Überproduktion – Amazons Geschäftsmodell belastet das Klima in vielfacher Hinsicht.

Am 15. September 2019 erklärte Jeff Bezos in seinem „Climate Pledge“ bis 2040 netto CO2-neutral sein zu wollen. Völlig konträr dazu baut der Konzern den Luftfrachtverkehr weiter massiv aus, um seine große Mission der 24-Stunden Lieferung23 an die immer zahlreicheren Prime-Kund*innen umzusetzen. Amazon Air leaste Anfang 2017 noch 16, aktuell jedoch bereits 50 Boeing-Flugzeuge. Bis 2021 sollen es 70 sein. Im Jahr 2019 führte der multinationale Konzern 110 Inlandsflüge pro Tag in den USA und 20 in Europa durch. Im Juli 2019 transportierte Amazon 29 Prozent mehr Produkte auf dem Luftweg als 2018. Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen ist somit nicht realistisch.

Amazon verspricht zudem, bis 2030 bei der Hälfte an Kund*innenlieferungen (und bis 2050 bei allen) null Nettoemissionen zu erreichen. Transporte per Schiff, Flugzeug und LKW von China und Südostasien zu Lagerhäusern nach Europa oder in die USA lässt der Konzern bei diesem Versprechen unter den Tisch fallen. Dafür plane man die Anschaffung von 100.000 Elektroautos. Doch diese Anzahl ist dafür bei weitem nicht ausreichend. Schätzungen gehen davon aus, dass 700.000 Elektrofahrzeuge nötig sind, um eine vollelektrische Lieferung über den letzten Kilometer durchzuführen. Auch die von Amazon versprochenen Wiederaufforstungsprojekte können die zusätzlichen Emissionen in diesem Zeitraum niemals ausgleichen.24

Amazons ökologischer Fußabdruck ist noch weit größer als der Onlinehandel vermuten lässt. Der Cloud-Dienst Amazon Web Services (AWS) beherrscht rund die Hälfte des Weltmarktes und ist mit Milliardengewinnen das profitabelste Segment des Konzerns. Apple, Netflix, Spotify oder Reddit haben ihre Webinfrastruktur teilweise auf Amazons Server ausgelagert. Nach Schätzungen verursachten die AWS-Datenzentren 2018 weltweit 55,8 Millionen Tonnen an Treibhausgasen. Das entspricht etwa den Emissionen Portugals.25

Amazon behauptet zwar die Versorgung der Rechenzentren mit erneuerbarer Energie auf 50 Prozent erhöht zu haben. AWS liefert im Gegensatz zu Apple oder Google dazu aber keine detaillierten Zahlen. Seit 2016 hat Amazon seine Speicherkapazität und damit seinen Stromverbrauch in seinen Rechenzenten in Virginia von 500 auf 1700 Megawatt verdreifacht. Laut Greenpeace USA deckt Solar- und Windenergie nur etwa 13 Prozent des gesamten Energieverbrauchs dieser Rechenzentren.26 Amazon hat zudem riesige Rechenzentren in Ländern gebaut, in denen der Energiemix hauptsächlich auf Kohle basiert, insbesondere Indien oder Südkorea.

Zusätzlich forciert Amazon den massiven Anstieg des Konsums; nicht nur durch Preisdumping. Auch die Fixkosten des Dienstes Amazon Prime verleiten Kund*innen dazu immer mehr Produkte zu bestellen ─ und auch zu retournieren. Aktuell verkauft der Konzern rund 15 Milliarden Produkte pro Jahr. In den USA bestellen Prime Kund*innen mit durchschnittlich 61 Produkten pro Jahr mehr als doppelt so viel wie Nicht-Prime Kund*innen (mit rund 26,1 Produkten).27

In Großbritannien und Deutschland werden nach Schätzungen rund 30 Prozent an großteils neuwertigen Retouren in Industriepressen zerstört ─ darunter Kühlschränke, Wasch- und Spülmaschinen, Handys, Tablets, Matratzen und Möbel.28

Allein in Frankreich wurden 2018 drei Millionen Retouren von Amazon zerstört; eine unfassbare Ressourcenverschwendung. Nach Informationen der Österreichischen Post gehen rund 30 Prozent der bei Amazon gekauften Pakete wieder zurück an den Absender.

Amazons Welt: Überwachung der Nutzer*innen und der gesamten Bevölkerung

Nicht nur die Mitarbeiter*innen werden von Amazon überwacht: Amazon speichert einerseits jeden Klick, den Nutz*innen auf der Webseite machen (seien es Suchanfragen, angesehene Bücher oder alle Bewertungen). Zudem werden Gespräche des Amazon-Sprachassistenten Alexa nicht nur mitgehört, sondern auch transkribiert und Protokolle auf unbestimmte Zeit aufbewahrt.29 Auch wenn alle Aufnahmen von Alexa gelöscht werden, kann es demnach sein, dass Amazon gewisse Daten aufbewahrt.  Für noch mehr Überwachung baut Amazon die Palette an Produkten aus, die ständig mit Amazon verbunden sind. Dazu zählen etwa Kopfhörer inklusive Spracherkennung und Lokalisierungsfunktion. Amazon dringt damit immer stärker in die unmittelbare Privatsphäre der Menschen vor und stärkt so seine Marktmacht weiter.30

In den USA hat die Polizei vermehrt die Möglichkeit des Online-Zugriffs auf Millionen privater Türklingel-Kameras von Amazons Tochterunternehmen „Ring“. Die hochauflösenden Kameras können detaillierte Bilder nicht nur von der Haustür, sondern auch von benachbarten Häusern auf der anderen Straßenseite und im Block liefern. Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr ein Patent zur Gesichtserkennung angemeldet. Amazon hat gleichzeitig eine Gesichtserkennungssoftware namens „Rekognition“ entwickelt, die von der Polizei bereits im ganzen Land eingesetzt wird.31 Der Konzern liefert damit einen weiteren Beitrag hin zur totalen Überwachung.

Sieben Forderungen, um die Übermacht von Konzernriesen wie Amazon zu brechen

  • Ein strenges Wettbewerbsrecht muss es ermöglichen wettbewerbsverzerrende Monopolisten wie Amazon, Google oder Facebook zurückzudrängen oder zu zerschlagen.
     
  • Alle multinationalen Konzerne müssen verpflichtet werden ihre Steuern dort zu bezahlen, wo sie wirtschaftlich tätig sind. Die Lösung dafür ist eine Gesamtkonzernsteuer. Zudem braucht es völlige Transparenz über die länderweisen Steuer- und Gewinndaten von multinationalen Konzernen.
     
  • Arbeitsrechtliche Standards sowie kollektivvertragliche Löhne müssen weltweit ausgebaut statt ausgehöhlt werden, um menschenwürdige Arbeit und sichere, dauerhafte Arbeitsverhältnisse zu garantieren. Dafür müssen die Rechte von Gewerkschaften weltweit gestärkt werden. In Österreich hat die GPA-djp konkrete Forderungen an Amazon gerichtet.33
     
  • Amazons Macht basiert auch auf viel zu niedrigen Transportkosten. Immer mehr Produkte werden dort hergestellt, wo Unternehmen durch niedrigere Löhne, Umwelt- oder Sozialstandards Kosten sparen und damit Profite maximieren können. Angesichts der Klimakrise ist es dringend nötig regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken. Dazu bedarf es unter anderem ökologischer und sozialer Kostenwahrheit und gerechter globaler Handels- und Investitionsregeln, die sich an den Menschenrechten orientieren.
     
  • Multinationale Konzerne – darunter auch Amazon – dringen oftmals mittels internationaler Handels- und Investitionsverträge immer stärker in den Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge und Infrastruktur vor. Zentrale wirtschaftliche Bereiche wie Wasser, Wohnen und Gesundheit müssen daher unter öffentlicher Kontrolle bleiben oder gebracht werden, um die Profitlogik zurückzudrängen.
     
  • Die Macht und Einflussmöglichkeiten von Konzernen müssen unter anderem auch durch transparente und bürger*innennahe politische Prozesse und strenge Regeln für Lobbying und Parteienfinanzierung zurückgedrängt werden. Menschen müssen zudem auf allen Ebenen die Möglichkeit haben, sich in den politischen Prozess einzubringen, mitzugestalten und mitzuentscheiden. Demokratie und Mitbestimmung müssen auch auf betrieblicher Ebene gestärkt werden.
     
  • Rechte für Menschen und Regeln für Konzerne: Auf UN-Ebene wird derzeit ein verbindliches Abkommen zu Menschenrechten und Wirtschaft verhandelt. Es würde garantieren, dass Konzerne global für ihre Menschenrechtsverletzungen haftbar gemacht werden können.

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Über Amazon

Amazon wurde im Juli 1994 von Jeff Bezos gegründet und ist heute mit einer Marktkapitalisierung von 865 Milliarden Dollar das größte multinationale Unternehmen der Welt. Amazon ist mittlerweile eine Mischung aus Einzelhändler, Logistiker, Internetplattform, Technologieunternehmen, Anbieter von Musik- und Videostreaming-Diensten und Zeitungsverlag. Von 2013 bis 2019 hat Amazon seinen Umsatz von 74 auf 233 Milliarden Dollar mehr als verdreifacht. 2013 beschäftigte der Konzern weltweit 117.300 Menschen, 2019 sind es fast sechsmal so viele, nämlich 647.000. 2013 unterhielt Amazon weltweit 49 Versandlager in acht Ländern, inzwischen sind es mehr als 1.000 Standorte in 22 Ländern. Mit einer marktbeherrschenden Stellung im Online-Verkaufssektor erreichte Amazon 2018 weltweit mehr als 15 Milliarden verkaufte Produkte.

In Österreich wird der Amazon-Umsatz für 2018 auf 719,8 Millionen Euro geschätzt, ausgenommen Film- und Musik-Streamingdienste sowie Provisionen für Waren, die von Drittanbietern via Amazon Marketplace verkauft werden. Alles zusammen dürfte sich der Umsatz von Amazon in Österreich auf mehr als 1,2 Milliarden Euro belaufen haben.

Quellen

1 https://www.derstandard.at/story/2000073397504/was-amazon-am-gesundheitssektor-reizt

2 http://www.land.lu/page/article/555/7555/FRE/index.html

3 https://www.theguardian.com/books/2017/sep/12/amazon-pays-11-times-less-corporation-tax-than-traditional-booksellers

4 https://www.zeit.de/2018/09/hightech-konzerne-umsatzsteuer-steuerausfall-europaeische-union

5 https://www.theguardian.com/business/2019/nov/27/eu-ministers-to-vote-on-move-to-expose-firms-tax-avoidance

6 https://www.theguardian.com/books/2017/sep/12/amazon-pays-11-times-less-corporation-tax-than-traditional-booksellers

7 https://itep.org/amazon-in-its-prime-doubles-profits-pays-0-in-federal-income-taxes/

8 https://www.theatlantic.com/technology/archive/2019/11/amazon-warehouse-reports-show-worker-injuries/602530/

9 https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/5580150/Lokaler-Widerstand_Amazon-streicht-Standort-in-New-York

10 Der lange Kampf der Amazon-Beschäftigen. Labor des Widerstands: Gewerkschaftliche Organisierung beim Weltmarktführer des Onlinehandels. Zweite, aktualisierte und erweiterte Auflage. https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Analysen/Analysen57_Amazon.pdf

11 https://www.theatlantic.com/technology/archive/2019/11/amazon-warehouse-reports-show-worker-injuries/602530/

12 Problemfall Amazon: https://www.gpa-djp.at/cms/A03/A03_0.a/1342613033805/home/problemfall-amazon

13 https://kompetenz-online.at/2019/11/21/david-gegen-goliath-us-gewerkschaften-gegen-amazon/

Siehe auch: https://www.businessinsider.de/amazon-employees-describe-peak-2019-2?r=US&IR=T

14 https://www.theatlantic.com/technology/archive/2019/11/amazon-warehouse-reports-show-worker-injuries/602530/

15 https://www.theatlantic.com/technology/archive/2019/11/amazon-warehouse-reports-show-worker-injuries/602530/

16 https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Analysen/Analysen57_Amazon.pdf

17 https://ilsr.org/wp-content/uploads/2016/11/ILSR_AmazonReport_final.pdf  S. 35

18 „Amazon prahlt mit großer Öffentlichkeit, 9.000 temporäre Jobs zu Weihnachten zu schaffen, aber es ist alles Schall und Rauch. Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich um Zeitarbeitsplätze handelt, und vor allem, dass die Auswirkungen von Amazon insgesamt negativ auf die Beschäftigung in Frankreich sind. Die Realität ist, dass, wenn Amazon einen Job in Frankreich schafft, lokale Unternehmen 2,2 Jobs verlieren“, sagte er der La Tribune. https://www.latribune.fr/technos-medias/mounir-mahjoubi-accuse-amazon-de-detruire-7-900-emplois-et-appelle-a-acheter-francais-pour-noel-833788.html

19 https://www.derstandard.at/story/2000097614808/haendler-und-gewerkschaft-treten-erstmals-gemeinsam-gegen-amazon-auf

20 Onlinehandel in Österreich: Amazon dominiert. 26.11.2019 https://kurier.at/wirtschaft/onlinehandel-in-oesterreich-amazon-dominiert/400685765

21 Studie von Attac Frankreich et al. Impunité fiscale, sociale, environnementale. Immersion dans le modèle Amazon https://france.attac.org/IMG/pdf/amz-pap.pdf

22 Too big to govern. Public balance sheet for the world´s largest store. https://economicrt.org/wp-content/uploads/2019/11/Too-Big-to-Govern.pdf

23 https://www.reuters.com/article/us-amazon-com-airplanes-analysis/amazons-rising-air-shipments-fly-in-the-face-of-climate-plan-idUSKBN1XG2FP

24 https://france.attac.org/IMG/pdf/amz-pap.pdf

25 https://france.attac.org/IMG/pdf/amz-pap.pdf

26 https://www.greenpeace.org/usa/reports/click-clean-virginia/

27 https://france.attac.org/IMG/pdf/amz-pap.pdf

28 https://www.zdf.de/politik/frontal-21/amazon-vernichtet-tonnenweise-ware-100.html

29 https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/aktuelle-stunde/video-angeklickt-datenkrake-amazon-100.htm

30 https://www.ardmediathek.de/wdr/player/Y3JpZDov.../

31 https://www.sfgate.com/news/article/Doorbell-camera-firm-Ring-has-partnered-with-400-14383981.php

32 attac.at

33 https://www.oegb.at/cms/S06/S06_500.0.a/1342613053329/skandal-bei-amazon-oesterreich

Am 29.11. 2019 haben Attac Österreich und Attac Frankreich Amazon blockiert. Mehr Infos...

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